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Das Versteck einer kleinen Maus

Wer immer noch glaubt, Mäuse verkriechen sich in Erdlöcher, um sich vor ihren ärgsten Feinden, den Katzen, zu verstecken, wird hier eines Besseren belehrt.

Die kleine Maus, von der die Rede ist, sucht sich ein ganz ungewöhnliches Plätzchen aus.

Hier ist sie für eine Weile vor den Zugriffen ihres vierbeinigen Peinigers sicher. Doch schon bald darauf wird sie vom Menschen mit Entsetzen gesichtet. Und dann – ist es für den kleinen Nager mit der Ruhe vorbei.

Es geschieht an einem wunderschönen Sommertag. Die Sonne strahlt warm von einem wolkenlosen Himmel. Ein herrliches Wetter für Mensch und Tier.

Die Terrassentür steht weit offen. Zwei Menschen und drei Katzen liegen träge im Garten und faulenzen.

Die Katzen haben den Halbschatten aufgesucht und halten Siesta. Ihre Umgebung scheint sie zumindest im Augenblick nicht zu interessieren. Mit halb geschlossenen Augen dösen sie wie satte Tiger im Raubtierkäfig vor sich hin. Selbst ein zwitschernder Vogel, der normalerweise sofort den Jagdtrieb in ihnen weckt, kümmert sie heute herzlich wenig. Zur Stunde ist totales

Abschalten und Entspannen angesagt.

So kommt es denn auch, dass eine kleine graue Feldmaus die Haustiger überlistet und von ihnen unbemerkt ins Wohnzimmer gelangt.

Dort sucht und findet sie ein kuscheliges Fleckchen unter einem kleinen Teppich, der direkt an der Türe liegt.

Nach einer Weile hört sie schwere, dumpfe Schritte, die wohl kaum von einem Kater herrühren.

Sie versucht, sich in ihrem Versteck ganz klein zu machen. Dennoch kann sie es aber nicht verhindern, dass sich genau da eine kleine Wölbung bildet, wo sie hockt. 

Mit einem energischen Fußtritt versucht jemand, den Teppich wieder zu glätten. Aber es klappt nicht!  -   Noch ein Tritt! Die arme Maus weiß gar nicht wie ihr geschieht und verhält sich vor Angst ganz still. Es klappt immer noch nicht. Das kleine Kerlchen vergisst vor Entsetzen zu piepsen.

Jetzt wird es dem Treter wohl zu bunt.

Mit einem heftigen Ruck zieht er den Teppich weg, und  -   entdeckt die Maus. Sogleich ertönt ein schriller Schreckensschrei. Bewegungslos verharrt die Maus, unfähig, wegzulaufen. Was nun?

Ja – was mag da wohl jetzt kommen. Oder besser gesagt – wer?

Kreischende Schreie dringen nach draußen.

Eine Maus! Hier ist eine Maus im Wohnzimmer! Schnell! Wo sind die Katzen?  

Eh’ sie es sich versieht, findet sich das winzige Mäuschen im Maul  zwischen den scharfen Zähnen einer kräftigen Katze wieder. Blitzschnell schleppt diese sie, anstatt in den Garten, weiter ins Zimmer herein, direkt unter die Couch, wo sie das Tierchen erstmals fallen lässt.

Jetzt erwacht  endlich der Überlebenstrieb des bedrohten Mäuschens. Es rennt um sein Leben,  kommt jedoch nicht weit.  Die Katze durchkreuzt die Pläne ihres Opfers. Mit einem geschickten Pfotenschlag hindert sie ihre Beute daran, zu fliehen.

Zufrieden mit sich selbst, spielt sie ein grausames Spiel mit der Maus.

Dieses Spiel wird aber nicht nur nach den Regeln der Katze gespielt. Da hat ihr Mensch schon noch ein Wörtchen mit zu reden.

Rigoros wird die Katze verscheucht. Gezielt schnappt sie sich die Maus und schleppt sie im Maul tragend mitten ins Zimmer. Unentschlossen, was sie nun tun soll, lässt sie das Tier wieder fallen. Die Maus hat in diesem Moment nichts Besseres zu tun, als sofort wieder zu flüchten. Jetzt reißt dem Katzenbesitzer der Geduldsfaden.

Grob packt er sich den pelzigen Vierbeiner und setzt ihn genau über der Maus ab. Die Katze freut sich, ihr Spielzeug wieder zu haben und legt ihre Vorderpfote erneut auf das Tier.

Raus! Ihr Mensch schreit sie wütend an. Blitzschnell zischt sie mit der Maus in der Schnauze ab in den Garten und verschwindet mit ihr zwischen dichten Sträuchern.

Der Mensch atmet tief durch und schließt vorsichtshalber lieber die Tür.  

 

© Helga Salfer